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[Spurensuche jüdischer Geschichte
– das Ghetto in Wilna
]

Kurzbiographien



Quelle: Marc Dworzecki: Jerushaleiym deLite. in kamf un umkum, S. 266

Mire Bernshteyn

Mire Bernshteyn arbeitete schon vor dem Einmarsch der Deutschen als Lehrerin. Während der sowjetischen Besatzungszeit vor dem Einmarsch der Deutschen war sie Leiterin des Realgymnasiums in Wilna. Sie engagierte sich in kommunistischen Zirkeln mit dem Ziel, im Rahmen dieser Bewegung eine Erneuerung der jiddischen Kultur und speziell des jüdischen Erziehungswesens zu erreichen. Gemeinsam mit einigen ihrer SchülerInnen zog sie, deren Eltern schon umgebracht worden waren, in das Ghetto und sammelte dort gleich in den ersten Tagen ehemalige SchülerInnen um sich und war Mitbegründerin der Schule im Ghetto. Sie las Werke der jüdischen Literatur wie Perez und Sholem Aleiychem und unterrichtete Hebräisch und Jiddisch. Sie war aktives Mitglied der F.P.O.. Mire Bernsteyn wurde ermordet.

 



Quelle: Grigorij Schur: Die Juden von Wilna, S. 97

Jacob Gens

Jacob Gens, geb. 1905, hatte 1919 als Freiwilliger in der litauischen Armee gedient. Als Zionist stand er den Revisionisten nah. Anfang September 1941, als der erste Judenrat gegründet wurde, ernannte man ihn zum Chef der jüdischen Polizei. Im Juli 1942 wurde er zum einzigen Repräsentanten des Judenrats im Ghetto bestimmt. Er regierte diktatorisch über die Belange des Ghettos und war überzeugt von der Idee „Leben durch Arbeit", um so zumindest einem Teil der Menschen, wenn die Deutschen an der Front geschlagen seien, das Überleben zu sichern. Das Konzept war umstritten – hatte es z.B. zur Folge, dass Gens die ihm unterstehende Polizei zu Selektionen in die Umgebung Wilnas befahl und aktiv die Vernichtung unterstützte.

Seine Haltung zum bewaffneten Widerstand war ambivalent. Er unterhielt Kontakt mit einzelnen Brigadeleitern und schien einen Aufstand gegen die Liquidierung zu befürworten. In den letzten Wochen des Ghettos bekämpfte er die Aktivitäten des Untergrunds, forderte aktiv die Auslieferung Yitzhak Witenbergs. Er weigerte sich aber auch, das Ghetto vor der Liquidierung zu verlassen und wurde von den Deutschen noch vor der Liquidierung erschossen.

 



der bekannte Gesangslehrer Jakob Gershteyn, im Ghetto gezeichnet von Rochel Sutzkever
Quelle: Shmerke Kaczerginski: Churbn Wilne, S. 81



ein Bild aus der Vorkriegszeit
Quelle: Rachel Kostanian: Spiritual Resistance in the Vilna Ghetto, S.39

Yankl Gershteyn

 

Yitzhak Rudashevski liegt mit einer Gelbsucht zu Hause als er erfährt, dass der beliebte und bewunderte Lehrer und Musiker Yankl Gershteyn gestorben ist. Gershteyn war eine wichtige Persönlichkeit im Wilnaer Kulturleben und vor allem jüdischen Erziehungswesen, Gründer verschiedener Chöre und Schriftsteller. Yitzhak erinnert sich: "… Der Lehrer Gershteyn litt sehr im Ghetto. Er wurde grauer und grauer, sein Gesicht verdunkelte sich. Er wohnte in einer Klasse unserer Schule und konnte kaum die Stufen bewältigen, die er sonst fröhlich hinaufgestiegen war. … Ein alter Mann, vor seiner Zeit, ging er langsam durch die Gassen des Ghettos, doch der Kopf war aufrecht wie gewohnt. … Das Ghetto zerbrach ihn und er überlebte nicht. … Ich werde dich immer erinnern als einen guten Freund, das Bild deiner stolzen Erscheinung wird uns kostbar und lieb bleiben." (Yitzhak Rudashevski, S. 61)

 


der Partisan Shmerke Kaczerginski
Quelle: Shmerke Kaczerginski: Churbn Wilne, S. III

 

Shmerke Kaczerginski

Shmerke Kaczerginski war Schriftsteller und Dichter und vor dem Einmarsch der Deutschen Mitglied einer Künstlergruppe.

Auch im Ghetto schrieb er und viele seiner Lieder wurden im Ghetto populär (Ponarlied). Er war aktiv im Jugendclub und Mitglied der F.P.O.. Kurz vor der Liquidierung verließ er mit einer Gruppe das Ghetto und gelangte zu den Partisanen im Wald. Als Mitglied einer jüdischen Partisaneneinheit (mit seinen Freunden Abba Kovner, Avrom Sutzkever und anderen) war er bei der Befreiung der Stadt Wilna durch die Rote Armee beteiligt. Die jüdische Gruppe begann gleich damit, die versteckten Dokumente und Kulturgüter aus den Malinen des Ghettos zu holen und ein jüdisches Museum aufzubauen. Auf Befehl Stalins wurde dieses Museum 1949 im Rahmen seiner Kampagne gegen Zionismus und Kosmopolitismus geschlossen. Shmerke wanderte nach Argentinien aus. Aus seiner Feder sind wichtige Dokumente und Erinnerungen zu dem Ghetto in Wilna und den Kämpfen der Partisanen entstanden.

 



Quelle: Rachel Kostanian: Spiritual Resistance in the Vilna Ghetto, S. 24


Shmerke Kaczerginski und Abba Kovner
Quelle: Shmerke Kaczerginski: Churbn Wilne, S. 32

 

Abba Kovner  
(Deckname Uri)

Abba Kovner war 25 Jahre alt und aktives Mitglied der Gruppe HaShomer HaZair in Wilna. Als Deutsche und Litauer mit den mörderischen Menschenjagden begannen, versteckte sich Abba mit einigen seiner Mitstreiter in einem wenige Kilometer von Wilna entfernt gelegenen Kloster dominikanischer Nonnen. Dort erreichte sie die Nachricht von den massenhaften Verschleppungen nach Ponar.
Abba Kovner zählt zu den Mitverfassern des legendären Aufrufs der Untergrundbewegung (
Link Aufruf) und wurde auf der Gründungsversammlung der F.P.O. im Dezember 1941 zu einer der Führungspersonen gewählt. Mit einer der letzten Gruppen verließ er das Ghetto im September 1943 und gelangte zu den Partisanen im Wald. Dort leitete er die jüdische Partisanengruppe „Nakam" (hebr. Rache):
"… Ich erinnere das erste Mal als wir einen Zug aufmischten. Ich ging mit einer kleinen Gruppe, Rachel Markewitch begleitete uns. Es war der Neujahrsabend: wir brachten den Deutschen ein festliches Geschenk. Der Zug erschien auf den Bahnschienen, eine Reihe großer, schwer beladener Waggons Richtung Wilna. Mein Herz stoppte plötzlich vor Freude und Angst. Ich zog den Zünder mit aller Kraft, und in dem Moment, bevor der Donner der Explosion in der Luft ein Echo gab und 21 Waggons voller Truppen in den Abgrund stürzten, hörte ich Rachel rufen: `Für Ponar!´ … „
(aus: "A first Attempt to Tell" in: Yehuda Bauer (Hg.): "The Holocaust as Historical Experience: Essays and Discussion, New York 1981, S. 81/82)
.
Abba Kovner überlebte den Krieg. Er lebte als Schriftsteller in Israel, er starb 1987.

 

 



Quelle: Herman Kruk: togbukh fun Wilner geto, S. III

 

Herman Kruk

Herman Kruk, geb. 1896, war aktiver Bundist und engagiert in der „Kultur-Liga" und dem Jugendverband des Bundes "Zukunft". Die politische Bildungsarbeit war für ihn das Werkzeug, die jüdische Arbeiterjugend in politischen und sozialen Auseinandersetzungen gegen Antisemitismus und Diskriminierung zu stärken: Lesen – Erkenntnis – Emanzipation und politische Aktion. Unter seiner Leitung entwickelte sich die Grosser-Bibliothek in Warschau zur größten und populärsten jüdischen Volksbibliothek. Er leitete auch das Bibliothekszentrum der "Kultur-Liga", eine Fortbildungseinrichtung der etwa 400 jüdischen Bibliotheken in Polen und veröffentlichte in diversen Zeitschriften Artikel zu Themen der jüdischen Kultur und des Bibliothekswesens.
Herman Kruk floh vor den Deutschen aus Warschau nach Wilna. Er bekam Arbeit als Pressereferent und veröffentlichte u.a. einige Reportagen über die Situation von Flüchtlingen in Wilna und das Leben der Kinder in dieser Situation.
Herman Kruks Name ist auch unauslöschlich verbunden mit seinem Engagement im Ghetto von Wilna als Bibliothekar der Ghettobibliothek und als Chronist des Geschehens im Ghetto. Vom Beginn der deutschen Besatzung soll er sich der Chronik gewidmet haben. Im Ghetto schreibt er fast täglich, nicht alle Aufzeichnungen sind erhalten. Unter dem Datum des 4. September 1941 schreibt er: " … es ist mein letzter Wunsch: die Wörter sollen in die Welt der Lebenden gelangen … Wird dann die Welt nicht schreien? Wird die Welt einmal Rache nehmen?"
(Kruk, S. 54)
Herman Kruk wurde von den Deutschen bei der Liquidierung des Ghettos nach Estland deportiert und im Lager Klooge ermordet.

 



Quelle: Rachel Kostanian: Spiritual Resistance in the Vilna Ghetto, S. 24

Sonje Madeisker

Sonje Madeisker war vor der deutschen Besatzung Mitglied einer kommunistischen Jugendgruppe. Im Getto war sie Mitglied der F.P.O., lebte als "Arierin" getarnt außerhalb des Ghettos und konnte so Kontakte knüpfen, Schutzwohnungen besorgen, etc. Maria Rudashevski erinnert sich: "Von Gita habe ich viel Interessantes über die Komsomolzin Sonja Madeisker erfahren. Mit falschen Papieren, als Polin, sollte sie die Frontlinie überschreiten und sich nach Welikije Luki durchschlagen. Sie wurde jedoch ergriffen. Beim Verhör sagte sie kein Wort. Sie wurde zum Tode verurteilt. Am letzten Abend gelang es ihr, den faschistischen Bestien zu entkommen.
Sonja Madeisker ist nach Vilnius zurückgekehrt. Sie lebt illegal in der Stadt und lässt sich von keinerlei Gefahren davon abhalten, weiter zu arbeiten, sie hilft Waffen zu besorgen, kommt ins Ghetto und hält die Verbindung mit den illegal arbeitenden Kommunisten in der Stadt aufrecht."
(Mascha Rolnikaite 1966, S. 90)

 

 


Mascha Rolnikaite 
Quelle: Mascha Rolnikaite: Ich muss erzählen, Buchumschlag

 

Mascha Rolnikaite

Mascha Rolnikaite wurde in den ersten Tagen der deutschen Besatzung gerade 14 Jahre alt. Sie schrieb im Ghetto ein Tagebuch, dass sie auf Anraten der Mutter aus Sicherheitsgründen auswendig lernte. Sie wurde vor der endgültigen Liquidierung des Ghettos in die Konzentrationslager transportiert und in Stutthof von der Roten Armee befreit. Sie überlebte die Shoah und lebt heute in Sankt Petersburg. 2002 wurden ihr Aufzeichnungen zum ersten Mal unzensiert in deutscher Sprache veröffentlicht (vgl. Literatur).

 

 



Quelle: Yitzhak Rudashevski: Diary from the Vilna Ghetto,
S. 34

 

Yitzhak Rudashevski

Yitzhak Rudashewski war vierzehn Jahre alt, als die Deutschen in Wina einmarschierten und besuchte das Realgymnasium. Im Ghetto schrieb er heimlich sein Tagebuch: er erlebt und beschreibt die wachsende Verzweiflung des Alltags, der geprägt ist von Verfolgung und Tod, aber auch die Bemühungen des kulturellen und spirituellen Widerstands. Yitzhak engagierte sich im Jugendclub des Ghettos: Die Jugendlichen beschäftigten sich in Literaturzirkeln mit jüdischer Geschichte, organisierten eine Ausstellung mit den aus dem Beutelager geretteten Kulturgütern und setzten sich gemeinsam mit dem Alltag des Ghettos auseinander. Als die Deutschen das Ghetto liquidierten, waren er und seine Familie in einer Maline versteckt. Sie wurden entdeckt und in Ponar umgebracht. Als einzige konnte sich seine Cousine Sore Voloshin aus dem Massengrab retten. Sie gelangte zu den Partisanen und fand nach der Befreiung das Tagebuch im Ghetto. So ist es uns erhalten.

 



Ona Schimaite, Foto aus der Vorkriegszeit, Vilna Gaon Jewish State Museum
Quelle: Rachel Kostanian: Spiritual Resistance in the Vilna Ghetto , S. 77

Ona Schimaite

 

Die Nichtjüdin Ona Schimaite arbeitete in der Universitätsbibliothek in Wilna. Sie rettete nicht nur über 200 Briefe, die sie aus dem Ghetto erreichten, und wichtige Kulturgüter, die sie entweder aus dem Ghetto schmuggelte oder von den Beutelagerarbeitern bekam. Sie riskierte auch ihr Leben, um einzelne Juden zu retten. Sie überlebte die Nazizeit.



Quelle: Rachel Kostanian: Spiritual Resistance in the Vilna Ghetto

Yekhiel Sheynboym

 

Er leitete die HeChalutz-Gruppe im Ghetto, war Mitglied der F.P.O. und favorisierte den Kampf gegen die Deutschen in den Wäldern. Nichtsdestotrotz war er der Leiter der Verteidigungsgruppe, die bei der Liquidierung des Ghettos an der ersten Barrikade die Deutschen aufhielt. Sheynboym und seine Gruppe wurden an dieser Barrikade getötet.



Avrom Sutzkever, in den Tagen der Befreiung
Quelle: Avrom Sutzkever: fun Wilner geto, S. 187


Avrom Sutzkever und Shmerke Kaczerginski vor ihrer Wohnung im Wilnaer Ghetto
Quelle: Avrom Sutzkever: fun Wilner geto, S. 187

Avrom Sutzkever

Vor dem Einmarsch der Deutschen war er Dichter und, wie Shmerke Kaczerginski, Mitglied einer Künstlergruppe. Er wurde schon 1941 von den Deutschen verhaftet, konnte jedoch fliehen. Im Ghetto engagierte er sich im Jugendclub und anderen kulturellen Initiativen. So war er in der Gründungsmitglied des Theaters im Ghetto. Sutzkever verließ mit den letzten der Widerstandbewegung das Ghetto und kämpfte bei den Partisanen bis zur Befreiung der Stadt Wilna. 1946 sagte er bei den Nürnberger Prozessen aus. Er lebt in Israel und hat u.a. über das Ghetto und die Kämpfe der Partisanen geschrieben.

 



der "Vater" der Wilnaer Juden
Quelle: Shmerke Kaczerginski: Churbn Wilne, S. 161

Yakov Wigodski

Dr. Jakob Wygodski (1857-1941) war Arzt und langjähriges Oberhaupt der Wilnaer Jüdischen Gemeinde. In der ersten Regierung nach der Unabhängigkeit Litauens war er Minister für jüdische Angelegenheiten, dann Deputierter im polnischen Sejm. Er wurde der „Vater der Wilnaer Juden" genannt (vgl. Grossmann/Ehrenburg, S. 473).
Er war Mitglied einer Anti-Hitler-Kommission, bevor die Deutschen in Wilna einmarschierten. Unermüdlich versuchte er sich gegen die schikanierenden Maßnahmen zur Wehr zu setzten.
Er starb nicht lange nach einer Begegnung mit Murer, bei der dieser ihn die Brutalität der Deutschen hatte spüren lassen.



Yitzhak Witenberg, Kommandant der F.P.O., gezeichnet von N. Borowski
Quelle: Avrom Sutzkever: fun Wilner geto, S. 155

Jitzhak Witenberg (Deckname Leon)

Jitzhak Witenberg (1907-1943) war der Kommandeur der F.P.O. im Wilnaer Ghetto. Als Jugendlicher hatte er sich in der gewerkschaftlichen Bewegung engagiert und war der Kommunistischen Partei beigetreten. 1936 wurde er Mitglied des Gewerkschaftsrates in Wilna. Während der Sowjetischen Besatzung war er Vorsitzender der Gewerkschaft der Lederarbeiter. Als die Deutschen einfielen, stand er auf ihren Listen der Aktivisten der KP und musste sich verstecken. Von Beginn der Okkupation stand für ihn der bewaffnete Widerstand außer Frage. In der Debatte um die Möglichkeiten der F.P.O. vertrat er den Standpunkt, das Ghetto bei der Liquidierung mit allen Mitteln zu verteidigen und dann, wenn noch möglich, zu den Partisanen zu stoßen. Er wurde am 16. Juli 1943 von der Gestapo in Wilna ermordet.


hagalil.com 11-02-2003


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